Ich treffe Omid vor der Hochschule Luzern, wo er mir lächelnd seine Hand entgegenstreckt. Im Gespräch beeindruckt er mich schnell mit seiner offenen Art – und nicht weniger mit seinem einwandfreien Deutsch. Omid ist 27 Jahre alt und seit zwei Jahren in der Schweiz. Dass sein Traumberuf Dolmetscher ist, wird kaum jemanden überraschen. Als Übersetzer setzt sich Omid ein hohes Ziel: “Ich möchte für jedes Wort in einem Satz das entsprechende Wort in meiner Muttersprache finden, auch wenn es das nicht gibt.”
An sein erstes Wort auf Deutsch kann er sich zwar spontan nicht erinnern – er mutmasst aber, dass es ein einfaches “Hallo” gewesen wäre. Das passt zu der entwaffnenden Unbefangenheit, mit der er auf Menschen zugeht. Aber auch dazu, wie er sich das Zusammenleben in der Schweiz noch besser vorstellen könnte. Etwas nachdenklich meint er: “Wir sind alle unter einem Dach, aber doch sind wir nicht wirklich zusammen.” Wenn man einander nicht die Möglichkeit gäbe, sich richtig kennenzulernen, bleibe man immer getrennt, erklärt er dazu. Gerne möchte er mehr mit einheimischen Leuten Kontakt haben und Freunde finden, wie er sie in Afghanistan hatte. Ihm ist es wichtig, zusammen zu sein und von einander zu lernen.
Ein paar neue Sachen hat Omid in der Schweiz schon kennengelernt. Nach seinem Lieblingsgericht gefragt, braucht er keinen Moment zu überlegen. “Lasagne!” schmunzelt er, und sein Gesicht hellt sich unvermittelt auf. Zum ersten Mal gegessen hat er dieses Gericht mit Freunden, die ihm auch die italienischen Spaghetti gezeigt haben und überhaupt die Schweizerische Art, zu kochen. Omid schätzt es, sich mit verschiedenen Leuten zu treffen. “Abmachen”, sagt er lächelnd – ein so typisch schweizerdeutscher Ausdruck.
Als besten Weg, um sich wirklich zuhause zu fühlen, sieht er aber immer noch ein Studium. Dafür sind ihm noch einige Hürden in den Weg gelegt – besonders für seinen Traumberuf. An den Dolmetscherschulen in der Schweiz muss man eine der unterrichteten Sprachen als Muttersprache sprechen. Omids Muttersprache ist persisch, was in diesem Rahmen aber nicht unterrichtet wird. Im Moment bereitet er sich deshalb als ersten Schritt für eine Deutschprüfung vor. Trotz der Schwierigkeiten knüpft er damit an etwas an, was ihm in der Schweiz schnell positiv aufgefallen ist: “Die Schweizer suchen für fast alles eine Lösung. Das gefällt mir.”
Omid wünscht sich, dass die Menschen mehr auf einander zu gehen, sich kennenlernen und sich austauschen. Mit seiner Hilfe gelingt das vielleicht auch schon bald über Sprachbarrieren hinweg.
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